Der Rat des Biogas-Experten ist gefragt

Der Walldürner Horst Walter ist ein Spezialist für die Logistik rund um Biogasanlagen - Großauftrag für hessischen Energieversorger

Walldürn. Kein Tag vergeht ohne neue Schreckensnachrichten aus der Wirtschaft: Massenentlassungen, drohende Insolvenzen und Produktionsstopps. Doch es gibt zum Glück noch andere Beispiele, wie die Walldürner Firma agrotec, die sich seit Jahren auf Expansionskurs befindet und soeben einen umfangreichen Ernte- und Logistikvertrag für zwei Biogas-Anlagen mit dem Darmstädter Energieunternehmen HEAG Südhessische Energie AG (HSE) abgeschlossen hat.

Das landwirtschaftliche Lohnunternehmen agrotec wurde 1999 von dem gebürtigen Offenburger Horst Walter in Walldürn gegründet und ist heute bundesweit einer der führenden Betriebe im Bereich der Ernte- und Biomasselogistik. Da passt es ins Bild, dass der Neckar-Odenwald-Kreis am Mittwoch zur bundesweiten Modellregion Bioenergie ernannt wurde - am Wissen und an innovativen Unternehmen in dieser Branche fehlt es im Kreis auf jeden Fall nicht.

Aus bescheidenen Anfängen - Walter startete mit einem Häcksler und drei Muldenkippern - entwickelte sich ein Unternehmen, das heute vier festangestellte Agrartechniker sowie rund 15 Saisonarbeiter beschäftigt und über einen imposanten Fuhrpark verfügt.

Da der Platz auf Grund der expandierenden Entwicklung schon bald nicht mehr ausreichte, wurde 2005 ein neues Firmendomizil in der Alten Altheimer Straße bezogen. Der leistungsstarke Fuhrpark des Unternehmens besteht heute aus mehreren 660 PS starken Häckslern von John Deere.

Die Angebotspalette des Dienstleisters wurde Zug um Zug erweitert, so dass Horst Walter seinen Kunden heute "alles aus einer Hand" anbieten kann. Im Leistungsumfang befinden sich Komplettlösungen für Biogasanlagen wie Organisation und Planung der Erntelogistik, Abtransport des Substrats, Festwalzen, Abdecken und Aufdecken des Fahrsilos, Mähen von Gras sowie Ausbringung der Gärreste.

Daneben ist agrotec nach wie vor als Lohnunternehmen für Landwirte tätig und übernimmt auch Winterdienstaufträge. In einem Radius von 100 Kilometern betreut das Unternehmen heute etwa 250 Kunden.

Das enorme Wachstum in den zurückliegenden Jahren ist eng verbunden mit dem Boom in der Bioenergiebranche. Horst Walter hat sich schon früh umfangreiche Fachkenntnisse in diesem Bereich erworben, bildet sich ständig fort und ist heute ein gefragter Ansprechpartner für Energieversorger, Betreiber von Biogasanlagen und Landwirte. "Wir spielen deutschlandweit in der ersten Liga", berichtet Walter mit berechtigtem Stolz.

Inzwischen betreut agrotec zehn Biogasanlagen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, darunter auch die Anlagen Stolz (Walldürn), Schlegel (Vollmersdorf) und die Anlage der AWN in Rosenberg. Bereits bei der Planung von Anlagen sind Walters Kenntnisse gefragt: Er hilft bei der Kostenkalkulation und stellt den Betreibern sein umfangreiches Know-how zur Verfügung. Da geht es dann um Fragen wie viel Material benötigt wird, welche Mischverhältnisse einen besonders guten Ertrag bringen, und wann welche Ackerfläche abgeerntet werden soll. Der gelernte Industriemechaniker ist ein ausgewiesener Spezialist auf diesem Gebiet.

Bei der Ernte und beim Häckseln des Materials kommt hochmoderne Technik zum Einsatz: Über Satellit werden die Ertragsdaten und der Anteil der Trockensubstanz am Erntegut erfasst. Die Daten werden gesammelt und anschließend in Walldürn am PC ausgewertet, so dass Anlagebetreiber und Landwirte über eine lückenlose Dokumentation verfügen.

So kann später genau nachvollzogen werden, wie hoch der Ernteertrag auf einem beliebigen Quadratmeter der Ackerfläche war, und wie hoch der Ernteaufwand hierfür war. "Diese Daten stellen eine enorme Erleichterung für unsere Kunden dar", erklärt Veronika Sans-Walter, die ihren Mann bei der täglichen Arbeit tatkräftig unterstützt.

Wie gefragt der 44-Jährige in Sachen "Logistik rund um Biogasanlagen" ist, zeigt sich daran, dass die HSE bei der Suche nach einem kompetenten Partner für ihre beiden neuen Biogasanlagen direkt an Horst Walter herangetreten ist. Sein guter Ruf eilt ihm also voraus.

Die HSE ist der größte eigenständige Energiedienstleister in Südhessen und zählt zu den führenden acht Regionalversorgern in Deutschland. Um die regenerative Energiegewinnung auszubauen, wird die HSE in den nächsten Jahren rund 400 Millionen Euro investieren.

Das Unternehmen betreibt derzeit drei Biogasanlagen, eine weitere ist in Planung. Bei zwei dieser Anlagen hat agrotec Ernte und Logistik übernommen. Die Anlage in Lorsch (Kreis Bergstraße) ist seit Januar in Betrieb, die Anlage in Groß-Umstadt (Kreis Darmstadt-Dieburg) befindet sich im Bau und wird voraussichtlich noch im laufenden Jahr in Betrieb genommen.

Das Thema "Biogas" werde in den nächsten Jahren noch mehr an Bedeutung gewinnen, ist sich Horst Walter sicher. "Um die Zukunft müssen wir uns daher keine Gedanken machen", sagt der innovative Unternehmer, der selbst auch auf eine nachhaltige Energiegewinnung setzt: Sein Firmengebäude und das Wohnhaus werden komplett mit der Abwärme aus der benachbarten Biogasanlage Stolz beheizt.

Die Voraussetzungen sind also glänzend, dass agrotec gegen den gesamtwirtschaftlichen Trend auch in Zukunft weitere positive Schlagzeilen schreiben wird. Der Bauantrag für die Errichtung einer neuen Maschinenhalle ist, so Horst Walter, bereits gestellt....
Von Rüdiger Busch

© Rhein-Neckar-Zeitung, Freitag, 27.02.2009



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